Verschlagwortet: Bewusstsein

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Die Quintessenz von C.G. Jungs Metaphysik nach Bernardo Kastrup

Bernardo Kastrup formuliert im 2021 erschienenen Buch „Decoding Jung’s Metaphysics“ eine gelungene Zusammenfassung der ontologischen Philosophie von C.G. Jung – und erklärt nebenbei die Bedeutung des Lebens. Dabei wird deutlich, wie eng Psychoanalyse, Philosophie und Spiritualität verwoben sind. Synchronizität Der berühmteste Begriff aus der jungschen Psychoanalyse, der in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen wurde, ist der der Synchronizität. Grundsätzlich wird von Synchronizität gesprochen, wenn ein innerer psychischer Vorgang mit einem äußeren physischen Ereignis semantisch akausal korreliert. Die Bedeutungsäquivalenz sollte derart deckungsgleich und unerwartbar sein, dass das Ereignis über die Definition eines Zufalls hinausgeht. Jung gab als prototypisches Beispiel eine Analysesitzung an,...

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Elemente der DMT-Erfahrung in The OA (Pt. II)

Dieser Text enthält Spoiler. Er setzt sowohl die Rezeption der Serie als auch die Kenntnis einer Terminologie rund um die DMT-Erfahrung voraus. N,N-Dimethyltryptamin ist eine körpereigene Substanz, die bei exogener Zufuhr unmittelbar tief visionäre Zustände erzeugt und insbesondere kombiniert mit MAO-Hemmern ein enormes therapeutisches Potential besitzt. Die Netflix-Serie „The OA“ besticht durch eine komplexe Multiverse-Story, die trotz allem mystischen Touch nicht aufgesetzt wirkt. Die Serie spielt hauptsächlich in der alltäglichen Welt, strukturiert ihren Plot aber über Ausflüge in andere Bewusstseinszustände und kreiert eine Synthese aus der geläufigen Wirklichkeit und Mystery. Die traumartige Plotstruktur verschafft ihr das Charisma eines postmodernen Magischen...

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Die Verabschiedung des Denkens als Grundlage der Seinserschließung

„Ich denke, wo ich nicht bin, also bin ich, wo ich nicht denke. […]  Man muss sagen, ich bin nicht, da wo ich das Spielzeug meines Denkens bin; ich denke an das, was ich bin, da wo ich nicht zu denken denke.“ (Jacues Lacan, Schriften 2, S. 43)   Lacans gleichzeitig sinnvoll und sinnleere Umdrehung des cartesianischen „cogito ergo sum“ zeigt, wie die lacansche Psychoanalyse dem rationalistischen Erkenntnisprinzip zu entwachsen versuchte, ohne auf die Akrobatik des dualen Sprachgebrauchs zu verzichten. Lacan stellt die fatale Ausweglosigkeit des erkenntnistheoretischen Denkens pointiert heraus, indem er darlegt, dass diesem ein Nicht-Denken nur über das...

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Die Dissoziative Identitätsstörung als Erklärungsmodell des Lebens im Universum

Bernado Kastrups Ansatz, die Umstände des Lebens im Universum mit der sogenannten Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) zu erklären, wird inzwischen weitläufig diskutiert. Es ist eine intelligente Analogie, die für ein intellektuelles Verständnis der ontologischen Wesentlichkeit des Bewusstseins hervorragend geeignet ist. Womöglich ist diese Analogie die beste, die uns zur Verfügung steht. Gleichzeitig hat auch sie ihre Grenzen, da sich die pathologischen Bedingungen der DIS nicht auf die Bedingungen des universal-individuellen Lebens übertragen lassen. Bewusstsein an sich ist eine primäre Konstante des Seins. Lebenwesen sind demnach Produkte des einen Bewusstseins. Sie begreifen sich jedoch als eigenständige Lebensformen mit separierter individueller Erscheinungsform. Die...

Depression Antidepressiva Wirkung zeitverzögert 1

Warum der Wirkungseinsatz von Antidepressiva individuell ist

Es wurde viel darüber spekuliert, warum Antidepressiva in Form von Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) in den meisten Fällen erst nach 2-6 Wochen den gewünschten Effekt zeigen – wenn überhaupt. Biochemisch erhöhen SSRI den Serotoninspiegel ab der ersten Einnahme. Da viele SSRI eine lange Halbwertszeit haben, dauert es ein paar Tage, bis ein für eine Wirkung signifikanter Spiegel erreicht ist. Nach diesen initialen Tagen sollten sie aber theoretisch den antidepressiven Effekt ausspielen. In vielen Fällen dauert es stattdessen deutlich länger, bis die antidepressive Erhebung einsetzt. Ein Grund dafür, dass Depression nicht auf eine Störung der Serotoninversorgung reduziert werden kann. Nichtsdestotrotz kann die Erhöhung...

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Die Medikalisierung von Psychedelika – Ein Kommentar

Love was never meant to be contained. Adyashanti   Über den Weg des erwiesenen Therapieerfolgs werden Psychedelika von einer zunehmenden Öffentlichkeit in einem neuen Licht wahrgenommen, das den diskreditierenden Propagandanebel der letzten Jahrzehnte langsam durchdringt. Einen großen Anteil haben daran MAPS, die mit 83 % Erfolg Kriegsveteranen von einer PTBS befreiten (mit Hilfe von MDMA) sowie sterbenskranken Menschen die Angst vor dem Tod nahmen (Psilocybin). Solange der medizinische Weg als trojanisches Pferd benutzt wird, um falsche Vorstellungen bezüglich dieser Substanzen zu verändern und ihre öffentliche Stellung zum Positiven zu verändern, ist er clever und sinnvoll. Es tauchen aber auch immer...

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Breakthrough – Übereinstimmungen des Plots von Contact und der subjektiv erlebten Wirkung von Dimethyltriptamin

In dem Film Contact (1997) stellt die Protagonistin Ellie Arroway im Rahmen des SETI-Projekts Kontakt zu einer außerirdischen Intelligenz her. Diese übermittelt ihr Pläne für eine Konstruktion, die es mutmaßlich ermöglicht, zu deren Planeten zu reisen. Das Gefährt wird gebaut und Arroway darf es ausprobieren. Was sie dann erlebt, stimmt in erstaunlich vielen Punkten mit anekdotischen Berichten der Wirkung von N,N-Dimethyltriptamin (DMT) auf den menschlichen Geist überein. DMT ist mutmaßlich in allen Lebewesen enthalten, sprich eine körpereigene Substanz, und strukturell simpler als Serotonin (quasi nicht viel mehr als eine Aminosäure). Gleichzeitig ist es bei exogener Zuführung die psychedelisch wirksamste Substanz...

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Fight Club: Der spirituelle Kampf des Tyler Durden

Als unauffälliger Stellvertreter eines durchschnittlichen Bürgers im Kapitalismus der Jahrtausendwende ist das Leben Tyler Durdens, dem Protagonisten des Films Fight Club, zivilisatorischer Sicherheit und finanziellem Selbsterhalt gewidmet. Als Versicherungsbeauftragter eines großen Autokonzerns soll er beurteilen, ob sich Rückrufaktionen fehlerhafter und damit potenziell tödlicher Autos für den Konzern unter dem Strich rechnen oder nicht. Die Vorgabe des Konzerns ist, dass sie nur dann durchgeführt werden sollen, wenn die erwarteten Folgekosten einer juristischen Auseinandersetzung höher sind als die Kosten der Rückrufaktion. Den Ökonomismus1 seines grauen Büroalltags ergänzt eine konsumorientierte Oberflächlichkeit im Privatleben. Seine Wohnung bestückt er stets aufs Neue gemäß den aktuellen...

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Fight Club: Leiden als Voraussetzung einer Progression

Wie so oft hat Slavoj Žižek Recht, wenn er sagt, dass das eigentliche Thema von Fight Club nicht widerständische Gewaltbereitschaft ist, sondern die Tatsache, dass man leiden muss, um zu Bewusstheit und Freiheit zu gelangen. Freiheit im späten Kapitalismus bedeutet zuallererst, sich selbst das zu nehmen, was der Freiheit im Weg steht („Erst nachdem wir alles verloren haben, haben wir die Freiheit, alles zu tun“). Man muss der ideologischen Akkumulation entbehren können und sich nicht über den materiellen Besitz definieren. Der Besitz war das Selbst des Protagonisten, darum musste er ihn in die Luft sprengen, um sein soziales wie ideelles...