Fight Club: Der spirituelle Kampf des Tyler Durden

Dieser Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 01/2016 des philosophischen Wirtschaftsmagazins agora42.

Als unauffälliger Stellvertreter eines durchschnittlichen Bürgers im Kapitalismus der Jahrtausendwende ist das Leben Tyler Durdens, dem Protagonisten des Films Fight Club, zivilisatorischer Sicherheit und finanziellem Selbsterhalt gewidmet. Als Versicherungsbeauftragter eines großen Autokonzerns soll er beurteilen, ob sich Rückrufaktionen fehlerhafter und damit potenziell tödlicher Autos für den Konzern unter dem Strich rechnen oder nicht. Die Vorgabe des Konzerns ist, dass sie nur dann durchgeführt werden sollen, wenn die erwarteten Folgekosten einer juristischen Auseinandersetzung höher sind als die Kosten der Rückrufaktion. Den Ökonomismus1 seines grauen Büroalltags ergänzt eine konsumorientierte Oberflächlichkeit im Privatleben. Seine Wohnung bestückt er stets aufs Neue gemäß den aktuellen Einrichtungstrends, Wohndesignkataloge substituieren Pornohefte und werfen die Frage auf, welche Esszimmergarnitur seine Persönlichkeit definieren könnte.

Hinter der unauffälligen Maske des passiven Konsumenten brodelt jedoch eine große Unruhe. Aufgrund ausgeprägter Schlaflosigkeit sucht er einen Arzt in der Hoffnung auf, dass dieser ihm rasch einige Pillen gegen sein Leiden verschreibt. Stattdessen wird er auf Selbsthilfegruppen verwiesen, damit er erfahren könne, was wirkliches Leiden sei. Der Besuch solcher Treffen – beispielsweise von Krebskranken – unter falscher Identität und die jeweilige Krankheit vortäuschend, verschafft ihm eine temporäre Beruhigung. Als er jedoch auf Marla (Helena Bonham Carter) trifft, die sich bei diesen Treffen ebenfalls als Kranke ausgibt, bricht die erschwindelte Stabilität erneut ein. Zwischen den beiden entsteht eine brüchige Beziehung, die von ständiger Annäherung und Abstoßung geprägt ist.

Zu einer grundlegenden Wendung kommt es, als der Protagonist (Edward Norton) auf den „zweiten“ Tyler Durden (Brad Pitt) trifft, mit dem er dann auch einen Fight Club gründet. Wie sich herausstellen wird, existiert diese Figur als eigenständige Person nur in seiner Vorstellung. Tatsächlich handelt es sich dabei um ihn selbst, er agiert als Pitt-Tyler (beispielsweise, wenn er zu schlafen glaubt), der all jene Persönlichkeitsanteile repräsentiert, die der bisherigen Lebensführung überdrüssig sind. Während einer Ansprache – exakt in der Mitte des Films – in der er die Ausübung von verhassten Jobs zum Zwecke sinnlosen Konsums verurteilt, formuliert Pitt-Tyler einen entscheidenden Satz: „Unser großer Krieg ist ein spiritueller, unsere große Depression ist unser Leben.“ Der Film erklärt sich hier als Versinnbildlichung eines innerpsychischen Prozesses, der von materieller Versklavung zu spiritueller Befreiung führt.

Schatten lichten

Dieser innerpsychische Prozess beginnt damit, sich der prinzipiell „gestörten“ menschlichen Psyche bewusst zu werden. Dem philosophischen Psychoanalytiker Jacques Lacan (1901–1981) zufolge jagt jeder Mensch aufgrund eines bereits mit der Geburt initiierten Mangelerlebens einem lebenslang unstillbaren Begehren hinterher. Dieses Begehren wird von einem imaginierten (vorgestellten) Ich strukturiert, das sich über Spiegelungs- und Vorstellungsinhalte nachträglich definiert.² Da diese Ich-Formation eine willkürliche Konstruktion auf der Basis von Sinneseindrücken ist, kann sie niemals als selbstgenügsame Vollständigkeit erfahren werden. Fortwährend werden externe Objekte mit einem narzisstischen Begehren besetzt, um den intern erlebten Mangel zu kompensieren. Dies ist eine Grundbedingung für die kapitalistische Akkumulation: Egal, wie viel jemand besitzt, stets wünscht er mehr bei gleichzeitiger Angst vor Verlust des aktuellen Besitzes. Gleichzeitig hält das Ich beständig eine Trennung zwischen Ich und Nicht-Ich (Objektwelt) beziehungsweise Ich und Gesellschaft aufrecht, unter der es eigentlich leidet.

Spiritualität offeriert einen Ausgang aus diesem lacanschen Dilemma: Wenn das Ich nicht wie eine Instanz existiert, sondern „gemacht“ – im Sinn von vorgestellt – ist, muss es etwas geben, aus dem die Vorstellung dieses Ichs und mithin die Trennung zwischen Ich und Nicht-Ich hervorgeht. Auf diese Quelle gilt es sich zurückzubesinnen, um die egoistischen Konditionierungen zu durchschauen und aus der persönlichen Gedankenmatrix auszusteigen. Spiritualität zielt also auf die Untergrabung des Ichs ab und damit darauf, ein non-duales Bewusstsein zu erlangen. Es geht darum, sich als eingelassen in einen sinnvollen Gesamtzusammenhang zu begreifen. Spiritualität ist mithin auch die Kunst der Zufriedenheit, da mit dem Ich-Verlust auch der Verlust des virtuellen Mangelerlebens einhergeht. Die Unabhängigkeit, die diese „Selbstzufriedenheit“ bedeutet, ermöglicht es, das Hamsterrad angstgeprägter Akkumulation zu verlassen und auf dem emotionalen Brachland des Ökonomismus Empathie und Gemeinsinn zu pflanzen.

Vom Ich befreit man sich allerdings nicht so leicht wie etwa von einer Fessel. Denn im Gegensatz zu einer Fessel ist das Ich gar nicht sichtbar, solange man von unbewussten Programmen gesteuert wird, die von kulturellen Konditionierungen und traumatischen Erlebnissen geprägt sind. Den unbewussten Gegenpart zum Alltags-Ich, das sich innerhalb kultureller und selbstbewahrender Normen bewegt, bezeichnete C. G. Jung (1875–1961) als Schatten. An diesem Ort führt der spirituelle Weg in den Fight Club: Wer zur Erleuchtung kommen möchte, muss seinen Schatten lichten, sich seinen Verdrängungen bedingungslos stellen und alle unterdrückten negativen Emotionen bewusst durchleiden.

Leiden und Freiheit

In den Selbsthilfegruppen kann sich Tyler erstmals dem Kontrollzwang seines vom Ich bestimmten Verstandes entziehen: „Ich ließ los. Ich verlor mich in Vergessen, (…) Stille, (…) Vollkommenheit. Ich fand Freiheit.“ Dass danach Marla erstmals auftaucht, ist kein Zufall. Sie dient als Spiegelfigur dieses glückseligen Zustands bedingungsloser Geborgenheit (Liebe), trifft er sie doch bei einem Seminar zur Öffnung des Herzchakras. Dass Tyler erst am Beginn seines spirituellen Weges steht, zeigen beispielsweise die unnachgiebigen Verhandlungen, die er und Marla darüber führen, wer welche Selbsthilfegruppe wann besuchen kann – ohne dass ihn dabei der andere an die bloß simulierte Krankheit und damit den Selbstbetrug erinnert.

Die Weichen jedoch sind gestellt: Der Verlust des Koffers mit Markenartikeln am Flughafen symbolisiert den Verlust des Glaubens an materiellen Besitz. Die alte Wohnung als Metapher für Tylers Psyche wird in die Luft gesprengt, woraufhin er, wiederum symbolträchtig, Marla anruft. Die Befreiung vom Besitz wird hier unmittelbar mit der Repräsentationsfigur der Liebe (Marla) verknüpft. Da er noch am Anfang seines Prozesses steht, legt er allerding auf, ohne mit ihr zu reden, und bittet stattdessen Pitt-Tyler (gewissermaßen als Vermittler zwischen Norton-Tyler und Marla) um Hilfe. So findet der bis dato unflexible Norton-Tyler in einem heruntergekommenen Haus Unterschlupf, das von dem unbeschwerten Pitt-Tyler besetzt worden ist – er wird vom Besitzer zum Besetzer. Die Eintrittskarte ins Haus von Pitt-Tyler ist eine Prügelei, die zur organisierten Regelmäßigkeit wird. Diese Bereitschaft zum Schmerz entspricht der Bereitschaft, sich ohne Sicherung in die Schluchten des eigenen Unbewussten fallen zu lassen. Tylers spirituelle Entwicklung schreitet voran. Wenn er früher wütend oder deprimiert nach Hause kam, polierte er die Einrichtungsgegenstände in seiner Wohnung. Die Abkehr von Oberflächlichkeit beendet dieses Verdrängungsverhalten. Die katastrophalen Zustände in dem maroden Haus stören Norton-Tyler immer weniger und körperoptimierte Calvin-Klein-Plakate wertet Pitt-Tyler überzeugt ab: „Selbstverbesserung ist Masturbation. Selbstzerstörung hingegen …“. Tyler führt diesen Satz nicht zu Ende, jedoch zielt er offensichtlich auf die Zerstörung des Alltags-Ichs ab. Jeder Kampf entzieht den unbewussten Programmen mehr Macht: „Wenn der Kampf vorbei war, war nichts von Bedeutung, hinterher fühlten wir uns errettet.“

Tyler emanzipiert sich zunehmend gegenüber der kapitalistischen Arbeits- und Konsumwelt: „Der Befreier, der mein Eigentum zerstört hat, hat mein Weltbild umgekrempelt.“ Schließlich kommt es zu der sinnbildlichen Szene, in der Pitt-Tyler die Hand Norton-Tylers verätzt: „Verschließ dich nicht vor dem Schmerz, verdräng ihn nicht.“ Diese Szene – wie auch jene, in der er sich im Büro des Chefs selbst verprügelt – sind aufgrund des bewussten Akzeptierens von Leid zum Ziele der Befreiung stellvertretend für den ganzen Film.

Die Notwendigkeit, sich dem eigenen Leiden zu ergeben, wird von jeder ernstzunehmenden spirituellen Lehre betont. Dabei ist selbst das Motiv des Kampfes nicht neu. In einer zentralen Schrift des Hinduismus, der Bhagavad Gita, zieht der Protagonist Arjuna unter der Führung von Gottfigur Krishna in die Schlacht gegen seine eigenen Verwandten. Da Arjuna unsicher und zögerlich ist, betont Krishna die „heilige Pflicht des Kämpfens“ (2.33) „um des Kampfes willen, ohne Glück und Leid, Sieg oder Niederlage zu beachten“ (2.38). Es sei wichtig, den Kampf opferbereit und ohne Eigennutz anzugehen. Insbesondere sei es falsch, formhaften Erscheinungen allzu viel Wert beizumessen, da diese von der unsichtbaren Macht ablenken, die allen Erscheinungen unterliege und die – im Gegensatz zu der Beschäftigung mit Einzeldingen – dauerhaft Freude schenke. Im vierten Kapitel des Matthäusevangeliums wiederum sieht sich Jesus – „vom Geist in die Wüste geführt“ – den Verführungen des Teufels ausgesetzt: „Er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.“ Jesus entbehrt allen diesen verlockenden Objektbesetzungen³, bis schließlich „die Engel ihm dienen“. Beide Geschichten lassen sich als Allegorie der Auseinandersetzung mit dem begehrenden Ich, das Selbstverständnis und Selbstversorgung auf den persönlichen Organismus reduziert, verstehen und haben eine glasklare Botschaft: Spirituelle Erlösung gedeiht auf der Basis eines bewussten Leidens – beziehungsweise des Verzichts auf ein Handeln mit eigennützigem Ziel. „Erst nachdem wir alles verloren haben, haben wir die Freiheit alles zu tun“, formuliert Pitt-Tyler.

Auf dem Weg zum Nullpunkt

Auch die Anwärter für das Projekt Chaos (einer Weiterentwicklung des Fight Clubs) müssen sich einer „Leidensprüfung“ stellen und drei Tage allen widrigen Bedingungen zum Trotz vor der Haustüre ausharren – gewissermaßen wie Mönche auf dem Meditationskissen. Wenn der Fight Club aus seinem Kellerdasein zum Projekt Chaos an der Oberfläche aufsteigt, symbolisiert dies, dass Verdrängungen zunehmend bewusst werden: „Das Haus war zu einem lebenden Wesen geworden.“ Die Aufdeckung der unbewussten Programme ist nur der erste Schritt. Es gilt, das gesamte Gedankenprogramm als Imagination zu entlarven: „Du musst vergessen, was du weißt, und das ist dein Problem“, formuliert Pitt-Tyler und ergänzt: „Auf den Nullpunkt kommen ist kein Wochenendurlaub, kein verdammtes Seminar. Hör auf, alles kontrollieren zu wollen, lass einfach los.“ Dieser Nullpunkt entspricht der Aufhebung des vom Ich bestimmten Verstandes. Das zeigt der Film buchstäblich, als in einer Szene vor Marlas Haus hinter Norton-Tyler „myself myself ends“ an der Wand zu lesen ist.

Das „Myself“ des zivilisierten Menschen will nicht nur durch Versicherungen und einen festen Arbeitsplatz sein Leben kontrollieren; der größte Teil seines mentalen Prozesses besteht daraus, die gesellschaftlichen Zustände dem eigenen Weltentwurf entsprechend zu beurteilen, um ein möglichst stabiles Weltbild und damit auch Selbstverständnis zu generieren. „Das machen Menschen jeden Tag. Sie reden mit sich selbst, sehen sich gern so, wie sie gern sein möchten“, erklärt Pitt-Tyler. Dieses als alternativlos empfundene Sicherheitsbedürfnis führt zu einer latenten Versklavung – man möchte dem Welt- beziehungsweise Selbstbild gerecht werden, in das man sich selbst eingesperrt hat. Ein Hardcore-Spekulant hebt seine kapitalistische Logik nicht auf, weil ein Occupy-Demonstrant ihm erklärt, dass diese fernab seiner persönlichen Bereicherung ein globales Scheitern herbeiführt. Dazu müsste er aufgrund der Aussage eines anderen einen jahrzehntelang kultivierten Selbstentwurf revidieren. Erst wenn er selbst erfährt, dass sein interner Mangel durch maximales Eigentum nicht aufzuheben ist und er seinen eigenen inneren Fight Club betritt, kann eine Verhaltensänderung geschehen. Der Ausgang aus wirtschaftlicher Entfremdung führt also nicht über eine gewalttätige Revolution im Außen, sondern über eine zuweilen schmerzhafte Selbstinspektion. Egoistische Erleuchtung ist ein Widerspruch in sich. Wer non-dual denkt, handelt nicht in Sinne von Eigennutz, sondern im Sinne eines Gemeinwohls.

Je mehr Schmerz akzeptiert wird, desto instabiler wird die konventionelle Ich-Kondition und desto verzweifelter versucht diese, die Kontrolle aufrechtzuerhalten: „Wieso hab ich über Projekt Chaos nicht von Anfang an Bescheid gewusst?“, fragt Norton-Tyler während einer konfliktgeladenen Autofahrt Pitt-Tyler. Infolge des Streitgespräches lässt Pitt-Tyler das Lenkrad los und inszeniert so eine weitere Loslösung vom früheren Alltags-Ich sowie dem damit verbundenen Weltbild. Es kommt zu einem schweren Autounfall, der Tyler erfahren lässt, wie sich die Menschen gefühlt haben, die er in seinem alten Leben bloß statistisch erfasst hat. Damit ist er zugleich aus dem kapitalistischen Prinzip ausgebrochen, alles nach numerischer Effizienz, alles nur mittels Kategorien und Zahlen zu ordnen.

Auch im Projekt Chaos werden Zahlen- und Effizienzdenken zunehmend von Mitgefühl verdrängt: Der gefallene Bob wird namentlich betrauert (bis zu dieser Szene waren Namen im Projekt Chaos Tabu); Norton-Tyler erkennt Pitt-Tyler als Teil von sich selbst und stellt sich der Polizei, um andere Menschen vor Schaden zu bewahren. Die Tatsache, dass die Polizisten wiederum zum Projekt Chaos gehören und es zu einer verstörenden Auseinandersetzung kommt, entspricht dem verzweifelten Zustand des zerrütteten Ego-Verstandes, der sich kurz vor der Auflösung befindet. Einerseits sucht Tyler aktiv das gefühlsbetonte Gespräch mit Marla („Du musst mir auf jeden Fall zuhören“), andererseits schickt er sie mit einem Bus hinfort. Schließlich kommt es zum finalen Kampf zwischen Norton- und Pitt-Tyler, an dessen Ende es heißt: „Es ist soweit. Der Anfang. Ground Zero.“ Der Nullpunkt ist erreicht. Wenn Norton-Tyler sich selbst in den Rachen schießt und Pitt-Tyler verschwindet, stirbt kein Mensch. Tylers letzte Worte vor dem Schuss lauten: „Meine Augen sind offen.“ Das bedeutet, dass es keine verdrängten Inhalte mehr gibt. Der Bewusstwerdungsprozess ist abgeschlossen und die Illusion der Spaltung und Separation aufgehoben. Dementsprechend kann Marla erscheinen und den verwandelten Protagonisten ob seiner Schussverletzung „Du warst das selbst?“ fragen und die Antwort „Ja, es wird alles wieder gut“ akzeptieren. Der Kreislauf von Mangel und Begehren ist zum Stillstand gekommen, externe Objekte, und damit das gesamte kapitalistische Gesellschaftssystem, haben keinen Einfluss mehr auf die innere Zufriedenheit. Vereint betrachten Tyler und Marla den Einsturz der kapitalistischen Bauten als Sinnbild der vervollständigten Liebe. Denn Liebe heißt: im Anderen sich selbst erkennen.

1Ökonomismus: Im Allgemeinen versteht man unter Ökonomismus die Überbetonung ökonomischer Faktoren bei der Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung beziehungsweise das „alles beherrschende Dogma von Effizienz und Gewinnmaximierung“ (Johannes Rau). Der Begriff geht zurück auf eine im 18. Jahrhundert in Frankreich entstandene ökonomische Theorie, deren Anhänger sich als économistes (Ökonomisten) bezeichneten. Sie leiteten wirtschaftlichen Reichtum alleine von der Landwirtschaft her und versuchten entsprechend, die Ökonomie aus staatshaushaltlichen Betrachtungen herauszulösen und auf eine naturrechtliche Grundlage zu stellen. Die Gesetze der ökonomischen Beziehungen würden nicht vom staatlichen Gesetzgeber, sondern von der natürlichen Ordnung vorgegeben. Heute findet sich dieser Grundgedanke wieder in der Vorstellung einer globalen wirtschaftlichen Ordnung, die einer eigenen, quasinatürlichen Gesetzlichkeit folgt.
²Spiegelstadium: In seinem berühmten Essay Das Spiegelstadium als Bildner der Ichfunktion von 1949 erläutert der französische Psychoanalytiker Jacques Lacan (1901–1981), weshalb lebenslang Momente der Identifikation mit Bildern, denen wir uns angleichen wollen, fortexistieren. Zwischen dem sechsten und achtzehnten Lebensmonat erlebt das Kleinkind, das sich noch nicht als körperliche Einheit erfährt, ein plötzliches Zusammenkommen der bis dato unzusammenhängenden Eindrücke seiner selbst, wenn es sich in einem Spiegel als eine einheitliche Gestalt erblickt. Da es diese Gestalt selbst aber noch nicht ist, bleibt die Identifikation voreilig und vorläufig und wird somit zur Matrix aller folgenden imaginären Identifikationen, die jedoch nie zur erwünschten vollständigen Selbstabschließung führen können. Deshalb erlebt sich das Subjekt als gefährdet und sucht in der Panzerung der bildlichen Gestalt einen ultimativen Halt, der sich jedoch immer als Enttäuschung entpuppt.
³Objektbesetzung: Der Begriff der Objektbesetzung stammt aus dem Wortschatz Sigmund Freuds. Eine Objektbesetzung findet statt, wenn mentale oder emotionale Energie nach außen verlagert und mit einem Gegenstand, einer Person oder auch einer bestimmten Vorstellung verknüpft wird. Das jeweilige Objekt wird so mit starker Bedeutung beziehungsweise narzisstischem Interesse aufgeladen und bekommt eine unmittelbare Relevanz für das eigene Selbstverständnis und Zufriedenheitsempfinden.

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